Die Neuzeit

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Kaum war nach der Bodenreform die Konsolidierung der kleineren Bauernbetriebe vorangekommen, stand Kollektivierung auf dem Programm: zuerst in Gestalt der LPG „Neues Leben“ (1952). 1960 gingen alle Flächen in die LPG III „Gemeinschaft“ ein. Diese bildete nach rund einem Jahrzehnt mit Genossenschaften von Cannewitz, Medewitz, Demitz-Thumitz und Pottschapplitz die Tierproduktions-LPG „Vereinte Kraft“.  Die LPG Pflanzenproduktion in Burkau versorgte nun Äcker und Grünland.

Das Rothnaußlitzer Gutshaus ergab zunächst ein willkommenes Wohnraum-Reservoir. Später zogen auch eine Schwesternstation und die örtliche Bibliothek ein. Die sonstige Gutsnutzung wurde 1978 so dargestellt: „Die übrigen Gebäude werden zu Wohnzwecken, als Kindergarten und Verwaltungssitz der Fischerei-Produktionsgenossenschaft ‚Lausitz’ sowie als Futterlager und Ställe der LPG genutzt. An Stelle eines weiteren Stalles steht eine Turnhalle – erbaut 1969 bis 1971, an die man 1972 bis 1973 das Verwaltungsgebäude der Gemeinde anbaute“. Auch die Orts-Poststelle hatte hier zeitweilig ihre Bleibe.

Rothnaußlitz litt häufig unter den Gewitterfronten, die vom Klosterberggebiet nach Nordosten zogen, zum Beispiel am Abend des 15. Juli 1951. Zwar zeigten sich größere Schwarzwasser-Überschwemmungsschäden am Unterlauf, aber hier, wo das Unwetter ungeschwächt durchzog, wurden wirksame Vorbeugemaßnahmen nötig. So kam es 1961 zum Bau des Karlsdorfer Rückhaltebeckens, damals noch als „grünes Becken“ gestaltet, mit einem Fassungsvermögen von 420.000 Kubikmetern. Ab 1977 diente es auch als Bewässerungsspeicher. Mit dem Teildauerstau wurde Fischhaltung möglich; der Hochwasserschutz blieb erhalten.

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Im Jahr 1967 wurde in der Ortsmitte mit dem Umbau der alten Mühle zum Wohnhaus begonnen. Die Sächsische Zeitung vom 9. Dezember 1967 schrieb dazu:

Hier ma(h)len bald andere. Im „Elefanten“-Dorf entdeckt.

Ein paar Telefone rasseln gleich zum Wochenbeginn. Sie wissen, in Sachen Auswechseln der Behelfsleitung in ordentliche Wasserrohre für die volkseigene Feinbäckerei von Bischofswerda hieß es, sich auf- und abzuregen und schließlich die Lage zu peilen. Man begab sich an den Ort der Handlung und sichtete das Gelände, schritt sozusagen zur Tat.

Wie erfolgreich ein solches Zur-Tat-Schreiten in Rothnaußlitz verlief, lassen Sie mich bitte heute ausplaudern. Hier gab es in des Dorfes Mitte eine einstige Mühle, des Mahlens müde und morsch im Gebälk. Da ließen einige Bürger nicht früher nach in dem Begehren, lasst uns Wohnungen bauen in dieser sonst nutzlosen „Bude“, bis ihnen Leute vom Fach zeichneten, wie das daraus umzubauende Wohnhaus aussähe und welchen Platz es brächte.

Mit klaren Vorstellungen im Kopf und strichreinen Zeichnungen in der Hand ging es los, das große Darum-Nachsuchen und Dafür-Interessieren. Schließlich wurde ja auch ein guter Pfennig Geld dafür gebraucht. Soll ich Ihnen auch sagen, wie gut der war? 156.000 MDN aus dem großen Lotto-Beutelchen mussten es sein, damit sechs Familien hier komfortabel wohnen können und für ländliche Verhältnisse ganz groß rauskommen: Mit Bad und Innentoilette. Über dem Bäckerladen, der an diesem Grundstück dranhängt, entsteht noch eine siebente Wohnung. Na, ist das was? Und ob!

Der große Hebeschmaus im „Elefant“ ist schon vorüber. Nicht etwa nach früherer Art und Sitte mit Kelcheleeren bis zum Umsinken. Keineswegs! Die Brunnenbauer von der PGH aus Wilschdorf bei Dresden brachen schon vorzeitig auf. Dem Maurerpolier ließ es keine Ruhe, selbst in diesen Stunden gemütlichen Verweilens den tatkräftigen kommenden Mietern Instruktionen zu geben, wie sie zu ihrem Arbeitseinsatz am Wochenende den Aufzug zu bedienen hätten. Sie wollten nicht müßig sein, für 300 Quadratmeter Dach die Ziegel ranzuschaffen und einzuhängen. „Ihr“ Bau, wie sie ihn insgeheim nennen, sollte trocken bleiben. Sie sind auch nicht abgeneigt, trotz unfreundlichen Wetters noch vor dem strengen Winter Gräben für die Wasserleitung auszuheben.

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Allenthalben geht natürlich auch nicht immer alles so vom Fleck. Da wird dem Kreisbaudirektor in den Ohren gelegen, Herr Teich von der PGH „Bauhütte“ gebeten, ein Scheitel mehr anzulegen – und wirklich, immer wieder wurde Rat. Mit den künftigen Mietern bin ich nun guter Hoffnung, im Kalenderjahr 1968 Juni besonders anstreichen zu können. Da werden Frau Studienrat Skandy aus dem Mansardenfenster mit dem besten Ausblick lächeln – die Familie mit den fünf Sprösslingen zwecks reibungslosen Ablaufs eine eigene Badeordnung einführen und was weiß ich noch alles.

 All das, was eigentlich in keinem Plane stand, und an das vor Jahren keiner im Traume dachte, hatte die „Aushilfsbürgermeisterin“ Helga Köhler über die Bühne zu ziehen. Nur einem schwebte dieses „Objekt“ schon lange vor: Richard, der neben-„berufliche“ Schiedsrichter mit sportlicher Unternehmungslust und einem guten Schuss Gerechtigkeitssinn. Werner Birke vom Bauaktiv, der schon beim Straßenausbau mit “walkerte“, behielt auch hier die Hand im Spiele. Halb Rothnaußlitz will jetzt in dieser „alten Mühle“ wohnen. Verständlich.                                                

Ihr Kreisreporter     (Sächsische Zeitung 9.12.1967)

 

Das reiche Wirtschaftsleben in Rothnaußlitz ist inzwischen Geschichte. Historie sind auch die Gaststätte Keul in der Brauerei, der Mühlenbetrieb und die Bäckerei (Kriesch und Lehmann), die Tischlerei Jonas, die Schneidereien Fischer und Sieber und die Firma Kosina. Das Profil der „Wagenbau-Anstalt“ verschob sich nach 1950 auf Karosseriebau, betrieben von den „Gebrüdern Bär“. Zeitweilig halb-staatlich organisiert, ging der auf 120 Beschäftigte angewachsene Betrieb 1984 als Bereich 36 an den VEB Robur in Bautzen über. 1992 wurde daraus die „Karosserie- und Fahrzeugbau-GmbH“ mit noch 30 Mitarbeitern gebildet.

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